Die Motivation für die Greenwashing betreibenden Organisationen leitet sich aus den zahlreichen potenziellen Vorteilen ab, die sich nach dem Überziehen eines grünen Mantels realisieren lassen. Einige davon seien hier exemplarisch genannt:
- Verstärkte Machtposition gegenüber Wettbewerbern durch ein positives Image und daraus resultierende Steigerung der Marktanteile
- Überzeugen von Kritikern von den guten Absichten der Organisation
- Manipulieren der öffentlichen Meinung durch geschickten Einsatz von rhetorischen Stilmitteln im Umweltkontext
- Gezielte Ablenken der Aufmerksamkeit von Regulatoren
- Erhöhung der Attraktivität der Organisation gegenüber potenziellen Geldgebern, die an eine nicht-grüne Firma nicht investieren würden
Ein typisches aktuelles Beispiel für Greenwashing aus dem deutschen Raum ist die derzeit groß angelegte Informations-Kampagne des Energiekonzerns E.ON, bei der ein neues Offshore Gezeitenkraftwerk vor der Küste Englands beworben wird. Das Projekt mit seinem Ansatz, die Kräfte der Natur zur CO2-freien Energiegewinnung zu nutzen, ist an sich durchaus lobenswert. Der Einfluss dieses Projekts auf die Geschäftsentwicklung eines solchen Riesen dürfte jedoch verschwindend gering sein und hätte sicherlich nicht die enorme Aufmerksamkeit verdient.
Da liegt es nahe, andere Motivationen als Gewinnmaximierung und Umweltbewusstsein als die entscheidenden Treiber für die Durchführung des Baus eines Gezeitenkraftwerks zu vermuten. Könnte es nicht sein, dass E.ON hier gezielt von der öffentlich geführten Diskussion über die hohen Energiepreise auf dem oligopolistischen deutschen Markt ablenken will? Oder der kürzlich mal wieder heiß aufflammende Debatte über die Sicherheit von Atomkraftwerken im Zuge der Störfalle beim Mitbewerber Vattenfall (von dem aber die gesamte Branche betroffen war)?
Ähnliche Intentionen kann man sicherlich auch der Fast-Food-Kette McDonald’s unterstellen, wenn sie in ihrer Kampagne „Bee good to the Planet“ passend zum Start des neuen Öko-Animationsfilm „Bee Movie“ (ab Dezember in den deutschen Kinos) eine Happymeal-Aktion durchführen wird. Sicherlich ist eine Sensibilisierung der Kinder für ein umfreundliches und nachhaltiges Leben im Einklang mit der Natur eine sinnvolle Initiative. Auch hier wird es jedoch vielmehr darum gehen, von der negativen Publicity eines Unternehmens abzulenken, das als größter Treiber für die Verfettung der Gesellschaft gilt und somit zurecht von allen Seiten auf den Deckel bekommt. Vom derzeit alles andere als positiven Image vom Standard-Produkt Fleisch in den meisten McDonald’s-Gerichten an sich ganz zu schweigen.
Die Beispiele gerade aus der Unternehmenswelt ließen sich beliebig fortführen. Etwas pauschalisierend, aber dennoch gut begründet, lassen sich auch die Bemühungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel ebenfalls in dieselbe Ecke einordnen, wenn sie Klimawandel und Klimaschutz beständig zur Chefsache macht. Mit einem Engagement für grüne Themen kann man nicht nur prima einen Stimmenzuwachs bei den Grünen verhindern, sondern auch einen allgemeinen Imagezuwachs bei der Bevölkerung verbuchen. Solange die Medien mitmachen, versteht sich von selbst, und die tun dies derzeit sehr gerne bereitwillig. Bester Aspekt: Akute politische Brennpunkte wie Arbeitslosigkeit und sozialen Problemen erhalten zeitweise weringer Aufmerksamkeit.
So, jetzt aber genug mit dem Rundumschlag, denn nicht jede grüne Kampagne ist dem Greenwashing zuzuordnen. Eine kritische Hinterfragung von Projekten mit Umweltbezug sollte dennoch nicht unterlassen werden. Handelt es sich dabei um echtes Engagement oder geht es nur um Imagepflege? Stecken Werte hinter dem Projekt oder wird eine hübsche Fassade aufgebaut, hinter der weiter fleißig die negative Seite der Umweltbilanz gepflegt wird? Konsumenten sollten sich also nicht darauf beschränken, ihr ökologisches Gewissen ruhig zu stellen, sondern auch sich selbst und den potenziellen Greenwashern weitergehende Fragen stellen.